Flurbereinigung in der Feldmark von Müsingen

Grundstücksreform

Nicht nur während der Neubewertung aller Grund- bzw. Flurstücke im Zuge der Grundsteuerreform im Jahr 2022 sind Gemarkungsnamen, Flurstücke und Flurnamen von Relevanz. In der Vergangenheit gab es viel weitreichendere Grundstücksreformen, aus der sich unter anderem die heutige Einteilung der Gemarkung Müsingen ableitet.

Flurbereinigung

Im Zuge der Ende des 19. Jahrhunderts stattfindenden Separation (Flurbereinigung) in der Feldmark wurden die folgenden Brouillonkarten angefertigt. Diese dienten zur Planung der Zusammenlegungen und der dabei neu zu ziehenden Begrenzungen der einzelnen Flurstücke.

Die bisherigen Parzellen, die mit sogenannten Reinnummern auf der letzten Reinkarte der Gemarkung verzeichnet waren, wurden zu Plannummern neu zusammengefasst. Der in der damaligen Zeit oftmals sehr fragmentierte bäuerliche Besitz von kleinen Parzellen mit Wald-, Wiesen- und Ackerflächen wurde damit im Zuge einer Agrarreform neu geregelt und zusammengeführt. Die vormals zu großen Teilen gemeinschaftlich genutzten Flächen gingen dabei in privaten Besitz über. Die bis dato übliche Dreifelderwirtschaft wurde im gleichen Zuge abgeschafft.

Gründe für die Reform

Die Reform begründete sich hauptsächlich darin, dass die Bewirtschaftung von wenigen größeren land- und forstwirtschaftlichen Flächen einfacher für Mensch und Tier zu bewerkstelligen war. Es mussten beispielsweise eine geringere Wegstrecke von Parzelle zu Parzelle zurückgelegt werden und es wurde entsprechend weniger Vieh zum Transport der Güter und Gerätschaften benötigt. Die Reform löste sicherlich unweigerlich weitreichende soziale Veränderungen in der damaligen Bevölkerung von Müsingen aus. Musste doch der Besitz bestmöglichs und gerecht auf- und zugeteilt werden.

Flurnamen

Die alten geographischen Namen für die verschiedenen Bereiche, Felder und Länder sind ebenfalls auf den Karten verzeichnet. Die vorrangig in Nordwestdeutschland gebräuchliche Benennung mit dem Suffix Kamp ist dabei sehr oft im Namen enthalten. Einige davon werden noch heute bei uns im Dorf, nicht nur im sprachlichen Gebrauch, sondern auch im tatsächlich geographischen Sinne oder in Straßennamen verwendet, z.B. Am Strangeld, Am Wiedkamp, Pollkamp oder Menteweg. Im Industriegebiet sind unter anderem Raulwingsholz, Schrammes Wiese, Gümmersholz und Köterkamp ebenso weiterhin als Flurnamen auf den Katasterkarten verzeichnet. Einige Namen leiten sich auch von deren Besitzern ab, wie z.B. Boltes Wiese, Schrammes Wiese oder Ostermeiers Kamp.

Andere Namen wie Im Holzkampe ganz im Norden des Dorfes haben sich dagegen nicht erhalten.

Separationskarte

Aus einer Brouillonkarte (Separationskarte) wurde im späteren Planungs bzw. Durchführungsverfahren eine erste bzw. eine zweite Reinkarte erstellt. Die erste Reinkarte zeigt den Entwurf, wie er neu gefasst werden sollte. Die zweite Reinkarte zeigt die Situation nach der Durchführung bzw. Teilung oder in diesem Falle, Zusammenfassung von Grundstücken.

Die dick rot umrandeten Bereiche wurden damals nicht neu eingeteilt. Dies sind alle Bereiche, in denen damals die höfische Bebauung verortet war. Die damals neu gezogenen Grenzen sind zu einem gewissen Teil nach wie vor gültig und bilden heutige landwirtschaftlich genutzte Flurstücke. An einigen Stellen, vorrangig im nördlichen Teil des Dorfes, angrenzend an den Flugplatz Achum und Richtung Vehlen finden sich einige Übereinstimmungen. Einige Flurstücke wurden aber noch weiter zu größeren Stücken zusammengefasst.

Die folgenden Flurnamen sind auf dem nordöstlichen Ausschnitt zu finden:

  • im Holzkampe
  • im Brandkamp
  • im Berkenfeld
  • vor dem Schlötkamp
  • an der Mente
  • der Ellerkamp
  • Hannacker
  • die Mente
  • die Breite
  • im Dorfe
  • Boltes Wiese
  • Pollkamp
  • im Krützhofe
  • die Notebreite
  • der Friesenkamp
Brouillonkarte der nördlichen Gemarkung
Brouillonkarte der nördlichen Gemarkung (Klick auf das Bild öffnet die Karte)

Auszug aus der Archivale aus dem Niedersächsisches Landesarchiv der Archivsignatur: h_bu_s_1_c_3208
Genehmigung einsehen

Die folgenden Flurnamen sind auf dem westlichen Ausschnitt zu finden:

  • an der Masch
  • das Kölkfeld
  • der Wiedkamp
  • am Wiedkamp
  • die Müsinger Höhe
  • achter dem Wiedkamp
  • die Niederwiese
  • die Notebreite
Brouillonkarte der westlichen Gemarkung
Brouillonkarte der westlichen Gemarkung (Klick auf das Bild öffnet die Karte)

Auszug aus der Archivale aus dem Niedersächsisches Landesarchiv der Archivsignatur: h_bu_s_1_c_3209
Genehmigung einsehen

Die folgenden Flurnamen sind auf dem südlichen Ausschnitt zu finden:

  • am Vehler Wieh
  • der (P|D)issenkamp
  • der Firnenkamp
  • Raulwingsholz
  • Gümmersholz
  • der Köterkamp
  • die Wickenbreite
  • Ostermeiers Kamp
  • Schrammes Wiese
  • Bergdofer Feld
  • im Brandkamp
Brouillonkarte der südlichen Gemarkung
Brouillonkarte der südlichen Gemarkung (Klick auf das Bild öffnet die Karte)

Auszug aus der Archivale aus dem Niedersächsisches Landesarchiv der Archivsignatur: h_bu_s_1_c_3210
Genehmigung einsehen

Übersichtskarte

Setzt man alle 3 einzelnen oben aufgeführten Karten korrekt aneinander, erhält man die folgende Übersicht über die Zusammenfassung der Reinnummern zu den Plannummern. Diese Karte ist jedoch in einem größeren Maßstab angefertigt. Zur einfacheren Veranschaulichung der gesamten Anpassungen ist diese Übersichtskarte sicherlich besser geeignet, ging es doch zumeist um recht große Stücke.

Hier wird auch insgesamt ersichtlich, wie weitläufig die Gemarkungsgrenzen verlaufen. So gehörten große Teile des heutigen Industriegebietes, damals vermutlich als Holz- oder Landwirtschaft bewirtschaftet, aktiv zum Dorf. Heute gehört die Kreuzbreite zu Bückeburg. Die Grenze erstreckt sich auch heute noch bis an fast an den Ortseingang von Bergdorf und Ahnsen.

Die Flurnamen auf der Übersichtskarte. Auf Grund des großen Maßstabs sind hier nicht alle der zuvor aufgezählten Flurnamen erwähnt:

  • im Holzkampe
  • im Strangfelde
  • das Kölkfeld
  • die Mente
  • Hannacker
  • Müsinger Höhe
  • der Wiedkamp
  • im Dorfe
  • im Krützhofe
  • im Vehler Wieh
  • Ostermeiers Kamp
  • Raulwingsholz
  • im Brandkampe
Übersichtskarte der Gemarkung
Übersichtskarte der Gemarkung (Klick auf das Bild öffnet die Karte)

Auszug aus der Archivale aus dem Niedersächsisches Landesarchiv der Archivsignatur: h_bu_s_1_c_3211
Genehmigung einsehen

Situation in der heutigen Zeit

In der Webapplikation Katasterkarten-Online des Landesamt für Geoinformation und Landesvermessung Niedersachsen kann interaktiv die Müsinger und die angrenzenden Gemarkungen Bückeburg und Scheie erkundet werden.

Glossar

Feldmark
Als Feldmark werden unbebaute Grundstücke einer Gemarkung / Gemeinde bezeichnet, also Ackerland, Wiesen, Weiden, Wald

Flur, Flurname
Namentliche Bezeichnung (Flurbezeichnung) eines kleinräumigen Teils der Landschaft (Flur). Flurnamen teilen das Gelände ein und tragen zur Orientierung und Identifizierung bei.

Flurstück
Flurstücke sind eindeutig begrenzte Teile der Erdoberfläche, die durch das amtliche Vermessungswesen geometrisch festgelegt und bezeichnet sind.

Gemarkung
Als Gemarkung bezeichnet man einen Grundstücksverband aus einer größeren Zahl von in der Regel zusammenhängenden Grundstücken bzw. Flurstücken.

Kamp
Eingehegtes Feld, Stück Land oder Grasplatz in der Nähe eines Bauernhauses. Oft im mehrjährigen Wechsel als Wiese oder Ackerland genutzt.

Quellen

Katasterkarten-Online
Brouillonkarte in der Wikipedia
Separation (Flurbereinigung) in der Wikipedia
Flurstück in der Wikipedia
Kamp in der Wikipedia
die genannten Archivalien und weitere Akten aus dem niedersächsischen Staatsarchiv